Factoring ist der Verkauf offener Forderungen an ein Factoringunternehmen. Bei den offenen Forderungen handelt es sich um Rechnungen mit Zahlungsziel. Die Käufer sind in der Regel gewerbliche Kunden. Factoring für Privatpersonen haben nur wenige Factoringanbieter im Programm. Es gibt verschiedene Factoringarten. Die Verkäufer können neben der Finanzierungsfunktion weitere Dienstleistungen hinzubuchen und so ihre Debitorenbuchhaltung entlasten oder komplett auslagern. Für seine Dienste berechnet der Factor Gebühren und Zinsen.
Factoring an einem Beispiel einfach erklärt
Factoring lässt sich am besten an einem konkreten Beispiel erklären:
- Unternehmen A schließt mit einem Factor einen Vertrag über den Ankauf offener Forderungen ab.
- Unternehmen A verkauft Produkte im Wert von 10.000,00 Euro an Unternehmen B.
- Der Käufer handelt einen Kauf auf Rechnung mit einem Zahlungsziel von 90 Tagen aus.
- Unternehmen A liefert die Ware aus und schickt Unternehmen B die Rechnung zu. Gleichzeitig lädt Unternehmen A die Rechnung im Online-Portal des Factors hoch.
- Der Factoringanbieter prüft die Rechnung und überweist 80 % des Rechnungsbetrages, also 8.000,00 Euro, sofort an den Verkäufer.
- Bei Erreichen des Zahlungsziels überweist der Factor die restlichen 2.000,00 Euro an Unternehmen A. Außerdem prüft das Factoringunternehmen, ob Unternehmen B die Rechnung pünktlich bezahlt hat. Falls keine Zahlung erfolgt, mahnt der Factoringanbieter Unternehmen B an und übernimmt gegebenenfalls den Zahlungsausfall.
- Am Ende des Monats oder des Quartals stellt der Factor Unternehmen A seine Gebühren und Zinsen in Rechnung.
Durch den Verkauf der offenen Rechnungen und die Vorfinanzierung durch den Factor sorgen die Kreditoren für einen beständigen Zahlungsfluss. Die Liquidität ist gewährleistet und die Eigenkapitalquote steigt. Das sorgt für eine Bilanzverkürzung. Die positiven Geschäftszahlen haben auch Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit der Kreditoren. Banken und Lieferanten erstellen eine gute Bewertung und sind eher bereit, dem Unternehmen einen Kredit mit niedrigen Zinsen zu gewähren.
Factoring Vorteile und Nachteile
Für die Verkäufer bietet Factoring sowohl Vorteile als auch Nachteile, wie die folgende Aufstellung zeigt:
Hier die Vorteile:
- schnelle Liquidität
- einfache Abwicklung
- zufriedene Kunden durch großzügige Zahlungsziele
- Abgabe der Debitorenbuchhaltung an den Factor möglich
- bei echtem Factoring Übernahme des Ausfallrisikos durch den Factoringanbieter
- Bilanzverkürzung und höhere Eigenkapitalquote sorgen für ein besseres Rating
Den Vorteilen stehen diese Nachteile gegenüber:
- Zinsen und Gebühren fallen an
- Rechnungen und Umsatz müssen einen Mindestbetrag erreichen
- nicht für jedes Unternehmen geeignet
Factoring Funktionen im Überblick
Kreditoren haben die Wahl zwischen verschiedenen Factoringarten. Die meisten Funktionen bietet das Full Service Factoring:
- Finanzierungsfunktion: Der Factor finanziert Rechnungen mit Zahlungszielen vor.
- Delkrederefunktion: Der Verkäufer muss kein Ausfallrisiko befürchten, da es komplett vom Factoringanbieter getragen wird. Gleichzeitig überprüft der Factor regelmäßig die Bonität der Debitoren.
- Dienstleistungsfunktion: Die Kreditoren können die Debitorenbuchhaltung komplett an das Factoringunternehmen auslagern.
Wie funktionieren echtes und unechtes Factoring?
Beim echten Factoring geht das Ausfallrisiko mit Verkauf der offenen Rechnung auf den Factoringanbieter über. Das bedeutet Planungssicherheit für den Verkäufer. Das Geld geht in jedem Fall auf dem Geschäftskonto ein, selbst wenn der Kunde die Rechnung nicht bezahlt.
Unechtes Factoring bedeutet, dass der Kreditor das Risiko eines Zahlungsausfalls weiterhin trägt. Der Verkäufer nutzt also nur die Finanzierungsfunktion und verzichtet auf weitere Vorteile. Dafür fallen die Gebühren beim unechten Factoring niedriger aus. Trotzdem ist wegen des geringeren Ausfallrisikos echtes Factoring die in Deutschland am meisten genutzte Form der Umsatzfinanzierung durch den Verkauf offener Forderungen.
Wie funktionieren offenes und stilles Factoring?
Offenes Factoring bedeutet, dass die Debitoren über den Forderungsverkauf informiert werden. In der Regel geschieht dies über einen Abtretungsvermerk in der Rechnung. Die Käufer werden aufgefordert, bei Fälligkeit den Rechnungsbetrag direkt an das Factoringunternehmen zu überweisen. Dazu muss der Verkäufer seine Rechnungsformulare anpassen und die Bankverbindung des Factors angeben.
Beim stillen Factoring erfahren die Debitoren nichts davon, dass der Verkäufer die Forderung verkauft hat. Der Rechnungsbetrag wird wie gewohnt an den Kreditor überwiesen, der das Geld an den Factor weiterleitet. Es besteht auch die Möglichkeit, eine Bankverbindung anzugeben, die dem Factoringunternehmen gehört. In diesem Fall handelt es sich um halb-offenes Factoring.
Wie funktionieren Export- und Import-Factoring
Export-Factoring wird auch als Ausfuhr-Factoring bezeichnet. Ein deutscher Exporteur verkauft offene Rechnungen, die er an einen ausländischen Käufer ausgestellt hat, an ein Factoringunternehmen in Deutschland. Da der deutsche Factor die Bonität des Kunden im Ausland schwer einschätzen kann, verkauft er die Forderung an einen weiteren Factoringanbieter im Land des Importeurs. Dieser Factor trägt das Ausfallrisiko und übernimmt Mahnwesen und Inkasso, falls der Schuldner die Rechnung nicht pünktlich bezahlt. Falls das deutsche Factoringunternehmen eine eigene Niederlassung im Land des Käufers führt, kann es das Export-Factoring auch selbst übernehmen.
Import-Factoring ist entweder die Umkehrung des Export-Factorings oder der Kreditor verkauft die offene Forderung gegen einen ausländischen Kunden selbst an einen Factor im Ausland. Bei Streitigkeiten gilt das Recht im Land des Importeurs, was zu Komplikationen beim Import-Factoring führen kann.
Wie funktioniert Reverse Factoring?
Reverse Factoring ist auch als Einkaufsfinanzierung oder Lieferantenfinanzierung bekannt. Die Besonderheit beim Reverse-Factoring liegt darin, dass sich der Käufer um den Forderungsankauf durch einen Factor kümmert. Dadurch kann der Abnehmer längere Zahlungsziele aushandeln und dem Verkäufer gleichzeitig Sicherheit und Liquidität bieten. Der Käufer ordert die gewünschte Ware und der Verkäufer erhält den Kaufpreis sofort von dem Factoringunternehmen. Bei Erreichen des Zahlungsziels überweist der Käufer den Rechnungsbetrag an den Factor. Die Kosten für den Forderungsankauf trägt der Debitor als Initiator der Finanzierung.
Weitere Factoring-Arten im Überblick
Neben den aufgeführten Factoring-Arten bieten die Factoringunternehmen noch diese Arten des Forderungsverkaufs an:
- Inhouse Factoring: Der Kreditor führt das Debitorenmanagement einschließlich Mahnwesen und Inkassomaßnahmen selbst durch. Der Factor übernimmt nur die Finanzierungsfunktion und trägt das Delkredererisiko.
- Ausschnitts-Factoring oder selektives Factoring: Es werden nicht sämtliche offenen Forderungen an einen Factor verkauft, sondern nur die Rechnungen bestimmter Debitoren.
- Fälligkeits-Factoring: Die Finanzierungsfunktion fällt bei dieser Variante weg, weil der Factor erst bei Fälligkeit der Rechnung den Rechnungsbetrag an den Verkäufer überweist. Dadurch sparen die Kreditoren Zinsen.
- VOB-Factoring: Diese Factoringart ist eine Sonderform für das Baugewerbe, die nicht von jedem Factoringunternehmen angeboten wird.